Passivhaus-Wohnanlage "Nestwerk" in Dresden Pillnitz

Gebäudedaten
Baubeschreibung
Qualitätsanforderungen und Energiebilanz
Wärmeversorgungssystem
     Solaranlage
     Erdreichwärmetauscher

     Wärmeverteilung
     Lüftungsgerät mit Wärmerückgewinnung
Baukosten
Nutzererfahrungen

Gebäudedaten

Wohnfläche: 936 qm (in 2 Gebäuden)

Brutto-Rauminhalt: 4.540 qm
Bauwerkskosten: 1,26 Mio. EUR inkl. Eigenleistung
Bauwerkskosten/qm Wohnfläche : 1.345 EUR/qm
Jahresheizenergiebedarf (nach PHPP): 14,5 kWh/qm*a
Primärenergiekennwert: 96 kWh/qm*a

 

Bauherr Bauherrengemeinschaft Nestwerk
Architekt Architektengemeinschaft Reiter & Rentzsch, Dresden
Haustechnik Ingenieurbüro HAWEMANN SOLAR, Dresden

Ansicht von Südwest


Baubeschreibung

Das Wohnprojekt Nestwerk Pillnitz entstand aus der Idee von neun Familien gemeinsam umweltgerecht zu bauen und nachbarschaftlich zu wohnen. Das Baugrundstück wurde an einem gut besonnten Südhang an der Elbe in der Nähe des Schlossparkes Pillnitz gefunden - stadtnah und doch im Grünen.  Es wurden 2 Mehrfamilienhäuser um einen gemeinsamen Wohnhof herum gebaut. Die Wohnungen haben Nutzflächen von 52 bis 144 qm . Die Gebäude folgen durch versetzte Geschosse dem Hangverlauf. Im Erdgeschoss entsteht so ein großer Wohnraum auf zwei Ebenen. Im Obergeschoss sind die Einzelzimmer und ein Bad eingerichtet. Ein zentrales Anliegen der Bauherren war es, ein umweltgerechtes und gesundes Wohnumfeld zu schaffen. Der Energieverbrauch sollte bei maximaler Lebensqualität so weit wie möglich minimiert werden.
Die Gebäude wurden in Holzrahmenbauweise errichtet. Doka-Schalungsträger (Holz-Doppel-T-Profile, Achsabstand 1,28 m) bilden die Wandkonstruktion, dazwischenliegende OSB-Platten bringen Aussteifung und Winddichtigkeit. Die Außenwand wurde über 3 Geschosse durchgehend aufgestellt und dann erst innenseitig mit Wänden und Decken aus Konstruktionsvollholz ausgebaut, um windundichte Wand-Decken-Anschlüsse zu vermeiden. Insgesamt wurden in die Wände 37 cm Wärmedämmung aus Zellulose eingebracht. Die verstärkten Dachlatten bilden den Dachüberstand. Zur Teilunterkellerung bzw. zur Bodenplatte bildet eine Kreuzlattung mit 30 cm Wärmedämmung den notwendigen Wärmeschutz. Die Fensterfläche wurde auf ca. 30% begrenzt, um eine Überhitzung im Sommer zu vermeiden. Die Holzfenster haben eine 3-Scheiben-Wärmeschutzverglasung und wärmegedämmte Profile erhalten. Mit Hilfe eines Computerprogramms wurde die Verschattung zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten simuliert und so ein Optimum ermittelt.


U-Werte der Außenbauteile:

Bauteil

U [W/qm*K]

g-Wert

Außenwand

0,114

Dach

0.123

EG-Fußboden

0,121

Fenster

0,85

0,44



Qualitätsanforderungen und Energiebilanz

Die wesentlichen Qualitätsanforderungen für Passivhäuser sind:
1. Jahresheizwärmebedarf nach Passivhaus–Projektierungs–Paket (PHPP) < 15 kWh/(qma)
2. BehaglichkeitskriteriumU-Werte opaker Außenbauteile < 0,15 W / (qmK)
- U-Werte von Fenstern < 0,8 W / (qmK)
- Transluzente Flächen in West– oder Ostorientierung (± 50°) <15% der dahinterliegenden Nutzflächen oder temporärer Sonnenschutz; südorientierte Fenster 25% der dahinterliegenden Nutzflächen;
- Zulufttemperaturen > 17°C; gleichmäßige Durchströmung;Schallbelastung < 25dB ) 
- in jedem Wohnraum eine öffenbare Außenluftöffnung
 3. Spezifischer Primärenergieeinsatz für alle Haushaltsanwendungen
- Heizung, Warmwasserbereitung und Haushaltsstrom < 120 kWh/(qma) (PHPP)
       

Beim heute üblichen Baustandard liegt der Heizwärmebedarf zwischen 50 und 100 kWh/qm *a. Auch bei Bauten nach Energiesparverordnung 2002 ist dieser Wert noch ca. 4-mal höher als beim Passivhaus. Die Berechnungsgrundlage weicht von der üblichen nach DIN 4701 ab und berücksichtigt auch bei der Leistungsermittlung die von inneren Quellen abgegebene und durch solare Einträge in Bauteilen gespeicherten Energien. Der Gesamtrestwärmebedarf der beiden Häuser beträgt 8 kW, berechnet auf Basis PHPP. Der Nachheizwärmebedarf der Wohnungen liegt zwischen 650 W und 1.600 W.

Jahreswärmebilanz für das Berghaus

Der Restwärmebedarf von 8.871 kWh teilt sich auf in 6.671 kWh für Heizung und 2.200 kWh für Warmwasser. Damit liegt der spezifische Wärmebedarf für Heizung bei 14,5 kWh/qm*a.

Wärmeversorgungssystem

Die Bausteine des Wärmeversorgungssystems sind:

  • wohnungsweise Lüftungsgeräte mit Lufterhitzer und Erdreichwärmetauscher
  • je Haus Solaranlage (12 qm) und Pufferspeicher (1000 l)
  • ein zentraler Gasbrennwertkessell

Anlagenkonzept


Solaranlage

Die Flachkollektoren sind auf dem Dach aufgeständert und durch entsprechend dimensionierte Betonteile so gesichert, dass eine Durchdringung der Dachhaut nicht notwendig wurde. Durch das Low-Flow-System konnten geringe Rohrquerschnitte gewählt werden, was eine Verlegung vorisolierter Rohre ermöglichte. Die Kollektorfläche wurde auf einen Bedarf von 25 l/Person+Tag bemessen. So hat jedes Haus 12 qm Kollektorfläche bei einem solaren Deckungsgrad von 64% des Warmwasserbedarfs. Das bedeutet zwar nur 3 qm pro Wohnung, führt aber zu einer hohen spezifischen Energieausbeute. Die nachfolgende Variantenrechnung zeigt, wie die energetische Effizienz bei der Vergrößerung der Kollektorfläche um 3 bzw. 6 qm sinkt. Durch die zusätzlichen Flächen werden nur noch spezifische Erträge von 96 bzw. 80 kWh/qm*a erzielt. Es kommt also primär auf eine angemessene Auslegung der Solaranlage mit einer sommerlichen Deckung des Warmwasserbedarfs an; eine überdimensionierte Anlage führt zu spezifisch unbefriedigenden Ergebnissen auch hinsichtlich der energetischen Amortisation der zur Herstellung notwendigen Energie.

Kollektoren während der Montage


Erdreichwärmetauscher

Jedem Lüftungsgerät ist ein eigener Erdreichwärmetauscher zugeordnet. Mehrere Rohre verlaufen parallel in ausreichendem Abstand zur Bodenplatte des Kellers, um ein Auffrieren zu vermeiden. Der energetische Gewinn ist relativ gering, aber es wird gewährleistet, dass die Außenluft immer frostfrei ins Lüftungsgerät eintritt und damit keine gesonderte Abtauschaltung realisiert werden muss.



Erdreichwärmetauscher Außenluft-Filterbox


Wärmeverteilung

Neben dem Luftheizregister wurden ein Bad-Heizkörper und eine 3 qm große Wandheizfläche im Wohnzimmer installiert. Diese ist aus reinen Behaglichkeitserwägungen eingebaut und soll den Nutzern die Möglichkeit geben, an kalten und ungemütlichen Tagen wohlige Wärme zu spüren.

Wohnzimmer mit Zuluftauslass und Wandheizfläche


Lüftungsgerät mit Wärmerückgewinnung

Das eingesetzte Gerät hat einen Wärmebereitstellungsgrad von 90%; die Ventilatoren werden durch Gleichstrommotoren angetrieben. Durch die balancierte Betriebsweise sind Zu- und Abluftvolumenstrom immer gleich. Für das Lüftungsgerät spielte neben der guten baulichen Integrierbarkeit (geringer Platzbedarf) das Preis-/Leistungsverhältnis eine wesentliche Rolle.
Alle Räume können über die Zuluft ausreichend mit Wärme versorgt werden; es bestehen Leistungsreserven für höhere Raumtemperaturen.

Lüftungsgerät im Keller (Rohrleitung noch nicht isoliert)


Baukosten

Die Baukosten, einschließlich Medienanschluss und Erdreichwärmetauscher, betrugen 1.345 EUR/qm Die haustechnischen Installationen (Sanitär, Elektro, Heizung, Lüftung) haben dabei einen Anteil von 17%. Werden nur Heizung und Lüftung betrachtet, beträgt der Anteil 9%.

Kostengruppe

EP

GP

KG 200 - Erschließung

EUR

6.800

KG 300 - Bauwerk

EUR

1.043.500

KG 400 - Technische Anlagen

EUR

208.500

Heizung, Solar

EUR

52.900

Sanitär

EUR

59.900

Lüftung

EUR

59.300

Elektro

EUR

27.100

Erdreichwärmetauscher

EUR

9.300

Gesamtbaukosten

EUR

1.258.800

Spez. Baukosten

EUR/qm

1.345

Anteil Haustechnik

%

17

Anteil Heizung, Solar, Lüftung

%

9

Auf Basis dieser Werte wurde eine Vergleichsrechnung mit einem Niedrigenergiehaus durchgeführt. Dabei wurde ein vergleichbarer Nutzerkomfort zugrunde gelegt, d.h. ebenfalls Solaranlage und einfache Abluftanlage. Die Mehrkosten beim Bau betragen knapp 5% der Gesamtbaukosten.



Nutzererfahrungen

  • Angenehme raumklimatische Verhältnisse
  • Hohe Oberflächentemperaturen begünstigen hohe Behaglichkeit
  • Einfache Regeltechnik gewährleistet Bedienbarkeit
  • Begrenzung der Laufzeit Lüftungsanlage Anfang Oktober bis Ende März
  • Heizwärme von November bis März
  • Sommerliche Kühlung durch nächtliche Fensteröffnung
  • Kühlung durch Erdreichwärmetauscher gering, Fenster müssten geschlossen bleiben
  • Geringe Strömungsgeschwindigkeiten der Luftströme
  • Keine Schallbelastung durch Lüftungsanlage


Das Projekt wurde mit dem „Sächsischen Innovationspreis Holzbau 2000“ ausgezeichnet.

 
Allgemeines | Referenzen | Projekte/Doku | Projekte/Bearbeitung | Suchen | Home
Hawemann-Solar © 2000 | Fon (0351) 885060 | Mail info@hawemann-solar.de